Bundesärztekammer
Arbeitsgemeinschaft der Ärztekammer
AG Blut
10598 Berlin
Blutspendekriterien für Homosexuelle
Sehr geehrte Damen und Herren,
in einem letzten Schreiben vom 7.02.2017 sendete ich Ihnen eine Anfrage bezüglich des Blutspendeausschluss für Homosexuelle.
Kernfrage dieses Schreiben war gewesen, ob zeitnah mit einer Aufhebung dieses Kriterium zu rechnen ist.
Mit dem Antwortschreiben vom 16.02.2017 aus Ihrem Dezernat, teilten Sie mir mit, dass rechtliche Regelungen sehr komplex seien. Über eine Aufhebung wird im Arbeitskreis nachgedacht.
Aus den Medien und der Presse entnahm ich im August, dass ein kompletter Ausschluss von Homosexuellen unter neuen Kriterien aufgehoben wird.
Kriterien zur Blutspende werden im Transfusionsgesetz (TFG) geregelt unter §§12 und 18. Über entsprechende Kriterien entscheidet ein im TFG unter §24 geregelter Arbeitskreis.
Dieser Arbeitskreis, bestehend aus Experten, unteranderem Vertreter des Robert Koch Institut, erstellt/ überarbeitet eine entsprechende Richtlinie. 2017 wurde die Richtlinie Haemotherapie entsprechend überarbeit.
Unter Punkt 2.4.3.2.2. (Exposition mit dem Risiko, eine übertragbare Infektion erwerben), findet man nun eine Auflockerung/ Änderung für Homosexuelle:
„Zeitlich begrenzt von der Spende zurückzustellen sind folgende Personen
Deren sexualverhalten ein gegenüber der Allgemeinen Bevölkerungsriko für die Blut übertragbare schwere Infektionskrankheit, wie HBV, HCV oder HIV, bergen, für 12 Monate:
–
–
– Männer, die Sexualverkehr mit Männer haben (MSM)…“
Schaut man unter anderen Ausschlusskriterien, so findet man eine Zeitliche Zurückstellung von 4 Monaten. Gezielt die Punkte, wo es um den Kontakt mit HBV, HCV und/oder HIV betroffenen Personen oder das bereisen von Risikoländern geregelt wird.
Aus heutiger Sicht ist die Medizin sehr weit vorangeschritten, so sind viele Krankheiten, wie zum Beispiel HIV, relativ schnell nachzuweisen. Darüber hinaus wird in Deutschland, gerade unter Homosexuellen, eine sehr gute Aufklärungsarbeit betrieben.
Dieses Kriterium stellt für die Homosexuellen weiterhin eine Diskriminierung da.
Gerade Homosexuelle, die gerne dazu beitragen möchten, das Leben anderer zu retten, denen ist auch bewusst, wie sie mit Ihrem sexualverhalten umzugehen haben.
Weltweit wurden in den 80ér Jahren tausende Blutkonserven mit dem HI- Virus verseucht. Um sowas vorzubeugen, wurde ein generelles Blutspendeverbot für viele Personenkreise, unteranderem auch von Homosexuellen, gezielt Schwule, in vielen Ländern auf der Welt eingeführt. Auch Deutschland führte ein derartiges Verbot ein. Da die HIV Neuinfektionszahlen, gerade unter Schwule, sehr hoch anstieg, sahen sich die Politiker in der Pflicht, gerade Schwule von der Blutspende generell auszuschließen. Dieses Verbot gilt auch für Plasmaspende.
In Deutschland regelt seid 1998 das Transfusionsgesetz genau, wie und wer von so einem Ausschluss betroffen ist. Hierbei bekommt die Bundesrepublik Unterstützung vom Arbeitskreis „Blut“. Dieser Arbeitskreis ist ein Gremium was durch die Bundesärztekammer, das Robert- Koch Institut und dem Paul- Ehrlicher- Institut geführt werden und Beratend das Bundesministerium für Gesundheit zur Seite stehen. Letzte Änderungen des Transfusionsgesetzes wurden 2013 vorgenommen. Eine Aufhebung vom Ausschluss Schwuler wurde nicht vorgenommen. Ein Ausschluss erfolgte bis 2013 auch im Transplantationsgesetz. Dieser wurde 2013 mit gesonderten Kriterien aufgehoben, da die Experten ansahen, dass derartige Vorurteile völlig veraltet sind und in der Medizin relativ schnell Krankheiten, wie HIV oder Syphilis, erkannt werden können.
Zur Begründung im Jahr 2013, warum der Personenkreis MSM (Männer haben Sex mit Männer- Schwule), immer noch ausgeschlossen werden, wurde von den entsprechenden Stellen angegeben, dass die Zahlen der HIV Neuansteckungen bei MSM immer noch mit am stärksten vertreten ist. Dennoch wurde in den letzten Jahren weltweit sehr gute Präventionsarbeit betrieben und es konnte festgestellt werden, dass ein starker Rückgang der Neuansteckungen von HIV zu sehen ist.
Als mögliche Ursache, warum Homosexuelle, gezielt Schwule, zur damaligen Zeit eine hohe Ansteckungsrate hatten, galt die Aussage, dass Schwule vermehrt ständig wechselnden Sexualverkehr hätten. Dieses Vorurteil gilt als völlig überaltert und stellt aus heutiger Sicht ein Vorurteil da und daher aus der Sicht vieler Diskriminierung da.
Mit meinen nun folgenden Fragen vertrete ich nicht nur meine persönlichen Interessen, sondern auch von denen die bereit wären Leben zu retten, aber auf Grund dieser diskriminierenden Haltung in den Richtlinien, sich nicht trauen.
Ein Fortbestand einer von mir einst gegründeten Initiative „Auch Homosexuelle können Leben retten“, wird sich künftig mit folgenden Fragen konfrontiert sehen:
Gibt es eine Offizielle Statistik, wie viele Homosexuelle seid der letzten Änderung der Richtlinie, sich zur Spende getraut haben?
Wird der Arbeitskreis in naher Zukunft diese weiter überarbeiten und eventuell die Zeitliche Begrenzung herabsetzen bzw. komplett Aufheben?
Ich bitte Sie, mir meine gestellten Fragen zu beantworten, im Interesse aller Homosexuellen.
Jeder Mensch der bereit ist Leben zu retten, ist auch bereit sein Verhalten so anzupassen. Viele Homosexuelle wären bereit Leben zu retten, wenn diese Vorurteile nicht vorhanden sein würden.
Für Fragen und Anregungen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Rostock, 21.11.2018
Mit freundlichen Grüßen
Paul Ruback
Sprecher der Initiative „Auch Homosexuelle können Leben retten!“